Die Urkunden aus dem Mondseer Traditionsbuch stammen aus dem Zeitraum 736 bis 854. Die Jahresangabe erfolgte aber noch nicht nach unserer heute gebräuchlichen Zeitrechnung, sondern es finden sich unterschiedliche Hinweise, die sich meist auf Regierungsjahre einzelner Herrscher bzw. anderweitige Anhaltspunkte beziehen, sodass folgende Datierungen möglich sind: die Regierungsjahre von Herzog Tassilo, Karl dem Großen, Ludwig dem Frommen und Ludwig dem Deutschen, weiters auch das Mondjahr.
Der erste Historiker, der sich in Regau mit der Heimatgeschichte eingehend befasst hat, war Pfarrer Alois Obermüller (1882 – 1898), der eine erste und für kommende Zeiten grundlegende Chronik der Gemeinde und Pfarre Regau zusammengestellt hat. Obermüller datiert die erste Erwähnung unseres Ortes auf den 29. Mai 800[1], wobei die Jahreszahl überschrieben ist, er könnte vorher 826 gemeint haben, jedenfalls hat Obermüller nach der Korrektur vor der Jahreszahl noch die Einfügung circa angebracht.
Alle folgenden Chronisten haben sich auf diese Angabe gestützt, so auch der Verfasser der aus den Dreißigerjahren dieses Jahrhunderts stammenden Gemeindechronik, Josef Hauschild, der die erste Erwähnung mit dem 27. Mai 800[2] festlegt. Vermutlich hat Hauschild den 9er von Obermüller als 7er gelesen, sodass aus dem 29. Mai der 27. Mai wurde. Beide Chronisten geben als Quelle das Urkundenbuch des Landes ob der Enns I., Pag. 37, LXIII. an, wo die Urkunde abgedruckt ist.
Der Umstand, dass einmal vom 27. und ein andermal von 29. Mai die Rede ist, hat mich veranlasst, mich näher mit der Urkunde zu befassen und habe das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien aufgesucht, wo ich die Originalurkunde in die Hände bekam. Die Datierung steht am Schluss der Urkunde und lautet: III id. iun., feria VI. (tertia idus junii, feria sexta, an den dritten Iden des Juni, Freitag). Nach Auskunft vom Staatsarchiv, dem oö. Landesarchiv und von Lateinprofessoren ist dies nach dem römischen Kalender der 11. Juni[3]. Kurz vor meinem Wienbesuch wurde ich von Pfarrer Dr. Leitner auf eine wissenschaftliche Abhandlung[4] über den Mondseer Traditionkodex aufmerksam gemacht, die vom bereits verstorbenen Generaldirektor des Staatsarchives Gebhard Rath begonnen, von Erich Reiter weitergeführt und vom Oö. Landesarchiv herausgegeben wurde. Nach diesem Werk, das auf dem derzeitigen Stand der Geschichtswissenschaft beruht, stimmt für den in Frage kommenden Zeitraum die Tagesdatierung nach dem römischen Kalender (11. Juni) mit dem Wochentag (Freitag) nur in den Jahren 751, 756, 762, 773,
[1] Chronik von Regau I., Obermüller A., 15.
[2] Geschichte der Ortsgemeinde Regau, Hauschild J., 4 und 10.
[3] Weshalb Obermüller auf den 29. Mai kam ist unerklärlich, möglicherweise liegt die Ursache in einer Verwechslung der Iden mit den Kalendern des Juni.
[4] Rath G., Reiter E., Das älteste Traditionsbuch des Klosters Mondsee, 1989.